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Gedanken über das Leben der Kühe

Fotos: Anita Schweig-Bourg

Seit meiner Kindheit faszinieren mich Kühe;  ich  fühlte mich schon immer zu Tieren hingezogen. In deren Gegenwart, aber auch in der Gegenwart vieler anderer Tiere, war ich glückselig.


Unsinniges Spritzen der Felder mit Insektiziden und Pestiziden sorgten dafür, dass viele Wildblumen und Kräuter für immer verschwunden sind. Leider gibt es dieses Problem natürlich weltweit. Diese Tatsache macht mich sehr traurig. Traurig bin ich auch darüber, dass den Tieren meist kein Unterschlupf zur Verfügung steht und sie während ihrer Zeit draussen auf den Wiesen starkem Regen, glühender  Hitze oder gar heftigen Gewittern schutzlos ausgesetzt sind. Ich verstehe auch nicht, wieso man den Kühen die Hörner abschneidet. Massakriert wäre jedoch eher der passende Ausdruck für diesen sinnlosen Akt, den so mancher Bauer an seinen Tieren ausübt. In dem interessanten Buch von Martin Ott „ Kühe verstehen“ erfährt man folgendes:


Wenn man eine Herde Kühe genau beobachtet, die Hörner tragen, sieht man sofort, dass die Kühe ihre Hörner als Kommunikationsorgane einsetzen. Man sieht, wie jede Kuh eine unsichtbare Zone von ca. 4 Metern um ihren Kopf herum vor sich her trägt. Die genaue Distanz variiert nach der Stärke der Kuh. In diesen unsichtbaren Raum darf sich nur jemand wagen, der zuvor mit der Kuh Kontakt aufgenommen hat. Da die Kuh eher schlecht sieht, aber sehr gut hört, sieht sie wahrscheinlich nur die Grundbewegungen, das Schema, die Umrisse eines Körpers, deshalb sind die Hörner besonders wichtig, um den visuellen Kontakt herzustellen…

Neue Forschungen zeigen, dass in Freilaufställen Kühe mit Hörnern sich weniger häufig körperlich berühren als Kühe, die enthornt sind. Kühe die ihre Hörner haben, lösen ihre Konflikte visuell, bevor es schmerzt…

Die Hörner sind also nicht Kampfinstrumente, wie meist angenommen, sondern Instrumente zur Kommunikation, um den Kampf zu vermeiden. Eine Kuhherde ohne Hörner muss andere Strategien entwickeln, um diesen Stressabbau leisten zu können. Die Hörner befähigen die Kuh, Konflikte zu lösen, bevor es zum Kampf kommt, erlauben ihr eine hochdifferenezierte soziale Sprache durch Bewegung, Aktion und Reaktion.

Erwähnenswert auch diese Zeilen aus dem Buch  von M. Ott:

Wenn man die Verkaufszahlen der Antibiotika hochrechnet, welche die Firmen bekanntgeben, muss aber davon ausgegangen werden, dass jede Schweizer Kuh einmal im Jahr eine richtige Intensivbehandlung bekommt. Die Milch darf dann erst fünf Tage (bei Biobauern zehn Tage) nach der letzten Behandlung wieder verwendet werden. Die Kuh scheidet in den ersten Tagen der Behandlung einen grossen Teil der Antibiotika über die Milch wieder aus, die vielfach verbotenerweise den Kälbern gefüttert wird oder sonst in  der Jauche die natürliche Güllengärung stört und schliesslich in den Boden gelangt. Überall wo Kühe leben, auf der Alp und im Tal, ist das so. Eine tickende Zeitbombe, denken wir nur an die Resistenzen gegen Antibiotika, die wir so geradezu züchten und die auch beim Menschen immer mehr zunehmen. Die Produzenten dieser Hilfsstoffe haben aber keinen Grund, Alarm zu schlagen, da sie gerne immer stärkere und teurere Mittel verkaufen,. Und die Bauern und Milchproduzenten haben auch kein Interesse daran, diese unheilvolle Entwicklung zu beenden und bekannt zu machen, denn der gute Ruf der Milch wäre in Gefahr. Die Politiker tun natürlich nichts, wenn’s nicht in den Medien steht, und die Tierärzte verdienen ebenfalls mit. So bleibt das alles schön und unter dem Teppich. Weltweit!

Das Wissen um das Leid und die Qual die wir Menschen den Kühen und leider auch noch vielen anderen Tieren antun löst in mir ein Gefühl der Machtlosigkeit aus. Die Plastiknummern, die an den Ohren der Tiere angebracht werden, sprechen eine traurige Sprache. 


Kühe sind Herdentiere und wie alle solche haben sie hohe soziale Eigenschaften. Manchmal kann man beobachten, wie sich die Kühe in ihren eigenen Kot legen. Dies tun sie wohl, weil er schön warm ist.  Kühe haben nämlich nicht, wie wir Menschen, eine anerzogene Abscheu gegen Kot, die wichtig ist für uns wegen der Übertragung von Krankheitserregern. Früher haben die Bauern in den Gebirgsdörfern der Alpen Wunden mit den Kuhfladen dick bedeckt. Somit müssen sich im Mist Stoffe befinden, welche die Bakterien abtöten, die sonst eine Wunde entzünden könnten. Da es für die Bauern in den abgelegenen Dörfern keine medizinische Versorgung gab, muss es über Generationen überliefertes Wissen sein, dass Kuhmist heilt.


Die Hindu verehren die Kühe als göttliche Wesen. Im Ayurveda werden Dung und Urin von Rindern gegen verschiedene Krankheiten eingesetzt. Zudem schätzt man den Kuhfladen als Dünger, der getrocknet und sogar verfeuert werden kann.

Auf meinen Spaziergängen mit meinen beiden Hündinnen lege ich immer eine Pause bei den Kühen ein, spreche ein paar Worte mit ihnen oder beobachte sie einfach nur. Milchkühe stehen mit ihren blökenden Kälbern in der Wiese und schauen mich neugierig an. Am neugierigsten sind sie jedoch auf die Hunde. Meine liebe Hündin Kyra leckt schon mal gerne an einer Kuhschnauze, die sie vorsichtig durch den Zaun streckt. Sie scheint es zu geniessen. Toffee, unsere zweite Hündin ist etwas ängstlicher und sieht sich vor. Ganz hinten steht ein Stier und blickt ab und an zu uns herüber. Ein Kuhpärchen am anderen Ende der Wiese, scheint sich ganz besonders zu mögen; sie lecken sich gegenseitig ihre Gesichter ab und reiben dabei zärtlich ihre Köpfe aneinander. Sehr berührend. Da die Milchkühe oftmals nicht mit ihren Kälbern zusammenleben können, entsteht zwischen ihnen eine tiefe und langjährige Freundschaft. Ich zucke immer wieder zusammen, wenn ich die Schreie der Mütter höre, wenn die Bauern ihnen die Kälber wegnehmen. Es ist schrecklich und schmerzt mich tief in der Seele. Vor allem, weil ich weiss, dass die Tiere sterben müssen. Ich fühle mich machtlos und traurig und sogar mitverantwortlich für diese Qual. Vor einiger Zeit beobachtete ich, wie ein Bauer seine Kühe mit lautem Geschrei in den Anhänger zwang. Mit rotem Kopf und ausser sich vor Wut brüllte er auf die Tiere ein. Das eine und andere Tier bekam dabei die Schläge eines Knüppels aus Holz zu spüren. Und dies alles, weil die Tiere nicht in den Anhänger wollten. Die armen Kühe müssen voller Angst gewesen sein und ich konnte nichts tun. Es fühlte sich schrecklich an, so machtlos zu sein. Wortlos und entsetzt ging ich weiter, doch die Schreie der gestressten Tiere schallten noch lange in meinen Ohren. Die Wanderung war plötzlich nicht mehr schön und ich war zutiefst traurig. Mir kamen die Zeilen von Mahatma Gandhi in den Sinn.

 „ Die Grösse und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt
Peter Wohlleben schreibt in seinem Buch " Die Gefühle der Tiere", folgendes:
"Schauen Sie sich bei Ihrem nächsten Spaziergang auf dem Lande einmal eine Kuhherde an: Sie werden kaum ein Tier finden, welches nicht ein widerlich beschmutztes Hinterteil aufweist. Das Koten ist auch nicht appetitlicher, denn unter dem hochgeshobenenen Schwanz prasselt ein dünnflüssiger Schwall an Fäkalien heraus. Zwar bemühen sich die Rinder, durch einen gekrümmten Rücken nichts auf die eigenen Beine platschen zu lassen, doch ihr dreckiges Fell zeugt davon, dass dies nicht gelingt. Ursache für diese Zustände ist die Fütterung mit Hochleistungsnahrung, die in freier Natur nicht zum Spektrum der Nutztiere gehört hat. Soja- und Maisschrot sowie Raps und anderes, stark eiweisshaltiges Kraftfutter, dazu noch ein Cocktail an Medikamenten, kein Wunder, dass der Verdauungstrakt, der eigentlich auf magere Steppengräser eingestellt ist, in Aufruhr gerät. Wenn man weiss, wie abstossend die eigenen Exkremente für jedes Tier sind, dann ist es umso schrecklicher mit anzusehen, wie Schweine, Hühner oder Rinder in der industriellen Landwirtschaft gehalten werden. Sie verbringen ihr gesamtes Leben auf dem eigenen Kot, müssen sogar darin schlafen- das allein rechtfertigt schon den Vorwurf der Tierquälerei."


 

Buchtipp

Die verborgene Seele der Kühe
Das geheime Leben von Rindern, Hühnern, Schweinen und anderen Hoftieren
von Jeffrey M. Masson 


...Mir ist Folgendes aufgefallen: Wenn ich während eines Essens den anderen am Tisch berichte, dass ich an einem Buch über das Gefühlsleben der Nutztiere schreibe, werfen sie mir ein seltsames Lächeln zu, so als hätte ich etwas ziemlich Lächerliches gesagt. Dann konzentrieren sie sich auf ihr Steak, ihre Lammkeule, ihre Hühnerbrust oder ihr Schweinsschnitzel- als würde sie das Leben jener Tiere, die sie gerade verspeisen, nicht im Geringsten interessieren....

...Wenn wir an dieses Leid keinen Gedanken verschwenden, zugleich aber die Tiere verzehren, sind wir dann nicht moralisch  blind, ethisch abgestumpft und menschlich nachlässig?...

...nur enige Leute abseits der Befürworter der Tierhaltung in landwirtschaftlichen Grossbetrieben wären zu der Aussage bereit, dass die durchschnittliche Milchkuh ein glückliches Leben führt. Man denke nur an die Kuh, der die Kälber nach der Geburt weggenommen werden und die einige Jahre lang intensiv gemolken wird. Damit ihre Milch immer weiter fliesst, muss sie fast ständig ein Junges tragen, das sie dann nicht einmal bei sich behalten darf. Vorzeitig gealtert und aufgrund nachlassender Milchproduktion weniger nützlich, wird diese Kuh schliesslich geschlachtet - lange bevor sie ihre natürliche Lebensspanne erreicht hat. Können wir also sagen, dass sie ein glückliches Leben geführt hat?...

Wir züchten sie, um sie zu schlachten oder sonstwie von ihnen zu profitieren- nicht aber um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Schicksal im Sinne eines glücklichen Lebens zu erfüllen. Kein noch so ausschweifendes philosophisches Geschwätz führt uns an jenem unüberwindlichen Hindernis vorbei, jener menschlichen - Hinterhältigkeit...

...In diesem Buch vertrete ich eine radikale Position. Dennoch erscheint sie mir so einfach und logisch, dass ich nicht verstehe, warum sie nicht längst von einer grossen Zahl von Menschen eingenommen wurde.

Jeffrey M. Masson

 







 Spiritsofgarden

Das Ziel meines Blogs ist, möglichst viele Menschen für die Natur, den Garten, die Pflanzen und Tiere zu begeistern. Mit kleinen Schritten etwas zu bewegen und mich für eine ökologische Welt einzusetzen sind meine Beweggründe und meine Motivation. In einer schnelllebigen und lauten Welt sind mir solche Werte, wie das Leben im Einklang mit der Natur, sehr wichtig. Wenn ich durch meine Arbeit andere Menschen begeistern kann, freut mich das sehr.
                 Ihre Anita Schweig-Bourg



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